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UNCANCELLED
19 Nov 2023 - 10 Feb 2024
UNCANCELLED

Der 1965 geborene Johannes Hüppi malt Bilder, deren Wahrheit und Intimität einen Galeristen zu der Aussage bewegten: "Ich schätze deine Bilder, ich erwerbe sie. Aber ausstellen kann ich sie nicht;“

„Raten Sie mal, wo ihr Bild hängt!“ - „Im Schlafzimmer?“ - „Woher wissen Sie das?“

Hüppis Bilder sind eine Ausstellung wert, wenn, ja wenn da nicht zu viel Nacktheit wäre. „Ob er nicht einfach Tiere malen könne?“

Damit sind wir mitten im aktuellen Diskurs über Cancel Culture, die Kunst und Kultur in den letzten Jahren in ein gänzlich neues Licht stellt und unser aller Blick versucht in Bahnen zu lenken, die einem moralischen und politischen Kontext entsprechen, der Diskriminierung jeder Art möglichst unmöglich machen möchte, bisweilen auch ungesehen und ungehört.
Eng verwandt mit dem Begriff der Cancel Culture ist Deplatforming, der Versuch Personen, die dem moralischen und politischen Anspruch des aktuellen Zeitgeistes nicht entsprechen die öffentlichen Plattformen zu entziehen.
Eve Ng, die an der Ohio University forscht zur Women’s Gender & Sexuality Studies, beschreibt in einer Publikation vom Juli 2020, dass es beim Canceln typischerweise um Fragen sozialer Gerechtigkeit sowie auch um Sexismus und Rassismus gehe. Canceln richtet sich vor allem gegen diejenigen, die aufgrund ihres Geschlechts, ihrer Herkunft oder ihrer Hautfarbe als privilegiert angesehen werden.
Oft gründet sich der Vorbehalt gegen bestimmte Personen auf eine Momentaufnahme,
auf eine Anekdote. Wenn diese im weiteren Verlauf dann aus dem Entstehungskontext gerät, kann das zu einem einfachen Bild mit möglichst wenig Brüchen verführen.
Der Germanist und Literaturwissenschaftler Adrian Daub stellt in seinem Buch Cancel Culture Transfer die These auf, dass die Berichterstattung über Cancel Culture sich gerne der Anekdote bediene. So gründet sich der Vorbehalt gegen bestimmte Personen auf eine Momentaufnahme. Dass diese oft aus dem Entstehungskontext gerate, verführe bisweilen zu einem einfachen Bild mit möglichst wenig Brüchen.

Im Juli 2020 erschien im US-amerikanischen Harper’s Magazine „Ein Brief über Gerechtigkeit und offene Debatten“. Steven Pinker, einer der 150 Unterzeichner, begründete seine Unterstützung des Briefs in der Welt am Sonntag: Zum einen werde durch die Cancel Culture das Leben unschuldiger Menschen ruiniert. Zum anderen werde eine jüngere Generation von Intellektuellen, Wissenschaftlern und Künstlern eingeschüchtert und traue sich nicht mehr, eine andere Meinung zu äußern. Außerdem lähme der Trend, Menschen mit anderen Überzeugungen zu verleumden oder zu feuern,
die Fähigkeit, kollektiv Probleme zu lösen.

An dieser Stelle soll der Bogen geschlagen werden zur aktuellen Ausstellung von Hüppi mit dem Titel „Johannes Hüppi UNCANCELLED“.
Johannes Hüppi malt nackte Haut und Frauen in traumhaft-wirklicher Natur wie kaum ein anderer, mit einem solchen Gefühl, dass man sich direkt in das Bild hineinbegeben möchte, es erleben möchte, wenn man überhaupt noch dazu kommt hin und her zu überlegen und nicht schon längst gefesselt ist von den Welten, die Hüppi in seinen Werken erschafft. Eine Welt, die zunächst paradiesisch
erscheint; alles ist da, angefangen von alterslosen weiblichen Wesen, schöner Natur, Raum und Licht. Beim weiteren Betrachten offenbaren sich dann kleine Brüche, Ungereimtheiten, kleine Hinweise darauf, dass es immer anders ist als es scheint. Dem Suchenden kann sich immer mehr erschließen, je weiter er schaut und fühlt.
Alles begann für Hüppi, als er seiner Mutter, der Künstlerin Brigitta Weber, bei der Arbeit mit ihren Aktmodellen zusah. Damit der Bub Ruhe gab und sie malen konnte, gab sie ihm Stift und Wasserfarben in die Hand, und er begann zu malen, wie er die Situation wahrnahm, die Anwesenheit der Mutter, die immer Künstlerin war, die Anwesenheit der Modelle, freier junger Frauen, die den Aufbruchswillen der 70er Jahre ins Haus brachten.
Hier begann seine Faszination für das Weibliche, die Frau an sich, als Inspiration und Quelle der relevanten Themen, der Themen, über die er immer und immer wieder beim Malen nachdenkt. Es geht ihm um die Abbildung eines Lebensgefühls der Gegenwart.
Johannes Hüppi, portraitiert in seinen auf den ersten Blick so eindeutigen Akten Zweifel, einen melancholischen Abstand, ein Dazwischen. Er entscheidet nicht für den Betrachter, er bietet an und verleitet dazu zwischen den Motiven zu sehen.


Auch wenn Hüppi die Portraits mit dem Namen des weiblichen Modells versieht, bleibt vieles im Verborgenen: Wer ist die Dame, was tut sie, warum lässt sie sich malen, was reizte den Künstler.
Antworten auf diese Fragen sind das, was wir normalerweise in den modernen Medien als Allererstes finden, was uns schon in der Überschrift dargeboten wird. Wir haben gelernt in Thesen und Mottos zu denken. Genau dieses Sichtmuster bietet Hüppi nicht, er verweigert die Überschrift, er schenkt dezente Hinweise, aus denen der Betrachter eine Geschichte konstruieren könnte. Ob sie den Gedanken und Vorstellungen ihres Schöpfers entsprechen, ist dabei nicht vorrangig, der Dialog, die Auseinandersetzung, das Nachspüren einer Situation, das treibt Johannes Hüppi immer wieder an die Staffelei.
Er selbst beschreibt es als ein „wehmütiges Hinterherrennen nach Frieden, als eine Sehnsucht, die nie erfüllt werden wird.“
Hüppi bezieht sich in seinen Werken oft auf bekannte Bilder der Kunstgeschichte. Spannend für ihn ist dabei, „dass Bilder, egal, wo man in der Kunstgeschichte schaut, selten eindeutig sind. Da, wo sich Strenge widerspiegelt, gibt es auch Spielerei. Da, wo Prüderie ist, gibt es auch Sexualisierung, da, wo Ernsthaftigkeit vorherrscht, zeigt sich auch Witz. Bei keinem Kunstwerk das ich kenne, ist alles eindeutig. Wenn es nicht politisch motiviert ist, gibt es keine Eindeutigkeit.“
Er führte dieses Thema weiter aus: „Sobald es politisch wird, wird es immer eindeutig, und in meiner Arbeit gibt es keine Eindeutigkeit. Es gibt nicht „das ist das“. Politisch motivierte Bilder haben nur eine einzige Botschaft, nämlich, dass etwas ideologisch als gut oder schlecht befunden wird.“

Die feministischen Kunsthistorikerinnen Rozsika Parker und Griselda Pollock stellten in ihrem 1981 erschienenen Text Old Mistresses. Women, Art and Ideology, dar, dass die Vorstellung des autonomen Kunstwerkes auf der patriarchalen Trennung von öffentlicher und privater Sphäre, von professioneller und reproduktiver Arbeit beruht und dass auf dieser Grundlage auch die „sexual division in art hierarchies“ fußt. Dieses Konzept steht in engem Zusammenhang mit der Vorstellung eines Künstler*innen Genies das einzig und alleine dem künftigen kunstgeschichtlichen Urteil Rechenschaft schuldig ist.
Wenn man nach der Freiheit der Kunst fragt, muss man sich auch immer Fragen der moralischen Integrität stellen. Die abendländische Tradition des gottbegnadeten Genies, des „divino artista“, sah den „Künstlergott“ tatsächlich über dem Gesetz. Das Hinwegsetzen über gesellschaftliche Konventionen, galt sogar als Zeichen für eine besondere Kunstfertigkeit. Künstlerische Kreativität und Originalität erforderten den Regelbruch und die Grenzüberschreitung geradezu.
In der Postmoderne findet sich dann das Konzept vom „Tod des Autors“. Vom „Werk ohne Autor“. Der Künstler setzt dabei das Werk zwar in die Welt, das Werk emanzipiere sich dann aber völlig von ihm und entfalte seine Wirkung vollständig unabhängig vom Autor. Abhängig ist es damit vielmehr vom Betrachter. Nicht mehr der Ursprung entscheidet über die Wirkung des Werkes, sondern seine Rezeption. Die aber ist niemals unabhängig davon, was über den Künstler bekannt ist.
Damit ist das ästhetische und kunstkritische Urteil nicht von der moralischen Bewertung zu trennen. Unweigerlich beeinflusst das Wissen darüber, wer der Künstler ist, wie er sich präsentiert, wie und mit wem er lebt, die Art, wie seine Arbeiten wahrgenommen werden.

„Wenn der Betrachter in der Lage ist, auch Dinge zu betrachten, die ihm nicht gefallen, oder umgekehrt, etwas gefällt ihm, aber er muss es kritisieren, dann ist er den Sachen gewachsen.“

Damit lädt Johannes Hüppi mit der aktuellen Ausstellung uncancelled den Betrachter ein zu einem freien Blick auf Bilder, in denen er seine ganz eigene Welt finden kann, eine Welt, die verstört, die erfreut, die Unklarheiten schafft, statt sie zu beseitigen, dabei sieht er immer die Frau als Ursprung allen Lebens, als Anfang und Ziel jeder Gedankenreise, zu jeder Zeit und in jeder Epoche.
Seine Werke schaffen es damit den Betrachter zu einem weiten Blick zu verführen.



Dr. Katharina L. Hahn, 2023
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